Wir haben uns mit Frank Falkenheyn unterhalten, damit ihr es nicht machen müsst.

 

Du findest Ronja von Rönne cool, drehst Filterzigaretten und findest Berlin „inspirierend“? Dann wird es Zeit, dass dein fehlgeleiteter Geschmack einen Ellbogencheck von Deutschlands inoffiziellem Kulturbotschafter bekommt. Wir haben uns mit dem Schriftsteller in seiner Bude getroffen.

 

 

Frank, warum sollten sich die Leute mehr beschäftigen?

…Ich meine, ihr seid mich ja jetzt auch hier besuchen gekommen, in meinem Haus an den Klippen von L.A. oder so, oder in dieser verranzten Altbau-Wohnung in irgendeiner coolen Stadt, wie dem Berlin der Nuller-Jahre.

 

Du weißt nicht mal, wo du wohnst? An dieser Stelle müsstest du dir doch eigentlich voll lächerlich vorkommen.

Ja, irgendwie schon… Ach, aber darum geht es doch gar nicht. Es geht darum, dass die Leute irgendwie neidisch auf mich werden. Was weiß ich, was bei den Leuten ankommt, was sie im Moment neidischer macht.

 

Also geht es dir nur darum, Leute neidisch zu machen?

Weiß nicht… ja, eigentlich schon.

 

 

 

 

 

 

 

 

Aber ist das dann noch “Kunst?”

Ne, wahrscheinlich nicht.

 

Wo würdest du denn am liebsten wohnen wollen? Also was würde “dir” am meisten entsprechen?

Naja, man hat… also ich habe ja schon so eine romantische Vorstellung davon, wie ich leben möchte. Also so auf einem Landhaus, alles ist so ein bisschen DIY-Style, mit Zäunen, die man selbst gebaut hat, und Gewächshäuschen. Und überall stehen halt so Sachen rum, die man nicht wirklich braucht. Ein „gemütliches Chaos“. Aber ich würde dann halt immer mit Bluejeans und Tanktops rumlaufen und mittags immer Drinks zu mir nehmen, Whiskey mit Wasser vielleicht, und rauchen. Aber trotzdem halt immer dort sein, wo es gerade abgeht. Versteht ihr?

 

Wieso sprichst du eigentlich im Konjunktiv?

Ja, weil ihr mich doch gar nicht interviewt, oder?

 

(Wir merken, dass wir an dieser Stelle nicht weiterkommen, deswegen wechseln wir das Thema)

Warum standst du bisher immer noch nicht in der “VICE”?

Das ist eine verdammt gute Frage, aber sie ist gleichzeitig auch die Antwort.

 

Hä?

Also, pass auf: Wenn die VICE ein halbwegs gutes Magazin wäre, hätten sie mich ja wohl abgedruckt, oder? Immerhin hab ich ihnen ja zwei halbherzige Manuskripte von mir geschickt. Aber es ist eben kein gutes Magazin mehr. Schade. Früher war das noch ein echtes Art-Magazin. Gut, die hatten schon immer auf Titten gesetzt, aber halt ein bisschen unterschwellig, und im Deckmantel der Kunst, oder vielmehr: Sie haben Erotik gezeigt, was schon sehr gut ist eigentlich. Da hatte man noch Träume bekommen. Also nicht von den Frauen, sondern von der großen weiten Kunstwelt. Früher haben sie einem das Gefühl vermittelt, dass du eigentlich in einer Traumwelt lebst, einer Alptraumwelt, mit all den ganzen “normalen” Leuten um dich rum, und sie haben dir gezeigt: Schau, hier, das es gibt noch die “echten” Leute. Die Verrückten halt, die eine ganze Kuh geschlachtet haben oder zwei Wochen lang wie im Mittelalter gelebt haben. UND dann gab es trotzdem noch die Reportagen, die echt anders waren – zum Beispiel mit “General Butt-Naked” in Kenia. Aber schaut euch euer Drecksmagazin doch heute mal an. Das ist einfach nur noch traurig, was ihr heutzutage bringt. Erbärmlich. Lächerlich. Jetzt macht ihr nur noch diesen ganzen Clickbait-Scheiß. Aber schlimmer noch: Ihr habt eure Selbstironie verloren.

 

Klingt ein bisschen nostalgisch. Man muss doch mit der Zeit gehen, oder?

Das sollte man, aber nicht bei allen Dingen. Ihr seid ja auch mit der Zeit gegangen und habt euch diesem Clickbait-Trend verschrieben. Und dieser verdammten over political Correctness-Ideologie. Jetzt führen die sich auf, als wären sie die Speerspitze der Unterdrückten. Es fühlt sich manchmal so an, als würden sie irgendwelche Gendertrends erfinden, damit sie dir als Hetero ein schlechtes Gewissen machen, weil sie die Diskriminierung von irgendwelchen Gruppen oder irgendwelchen Sexverhalten anprangern, von denen du noch nie gehört hast.

 

Da ist aber jemand ziemlich “Beleidigte Weißwurst”.

Hehe, ja, ich weiß, was ihr meint. Ich wollte mich halt auch mal “aufregen”, lol (lacht) Fühlt sich schon dumm an, sich über Political Correctness aufzuregen aber irgendwie auch gut, weil man sich so in (sinnlose) Rage reinreden kann. Und weil man dann ein Feindbild hat. Aber diese ideologische Gutmenschenscheiße… naja, ich schweife ab. Wir

 

 

 

 

 

Linken sollten jedenfalls zusammenhalten und gemeinsam gegen die Rechte vorgehen und uns dabei nicht mit ideologischen Attitudes gegenseitig übertrumpfen wollen – aber das war ja schon immer unser Problem. Egal. Was ich sagen wollte: Heutzutage gibt es keine Kunst mehr in der VICE – und das ist schade.

 

Naja, wir machen ja trotzdem noch gute Reportagen. Nicht umsonst haben wir noch den Claim “Unbequemer Journalismus”

Ach ja? Habt ihr mal eure scheiß Seite selber angeschaut?

 

(Wir klicken schnell mal selber auf vice.com, um uns einen Überblick über die Seite zu machen – leider steht es ziemlich schlecht um unser Magazin. Hier ein paar Headlines:

 

  • Dieses Video zeigt, wie überholt Alice Schwarzers Feminismus ist
  • Wir haben versucht, die Verantwortlichen für Camp David-Pullover zur Rede zu stellen
  • so wild feierte Polen in den 90ern
  • Fotos von glücklichen Kiffern auf der NYC Cannabis Parade
  • Diese Vogelart ist ausgestorben – und dann wieder neu entstanden
  • Wissenschaftler haben uns erklärt, warum ‚Anno 1800‘ eine Quatsch-Simulation ist
  • 10 Fragen an Elyas M’Barek
  • Frau will in lebenden Oktopus beißen, Oktopus beißt zurück
  • Diese Frau hat sich als Mann verkleidet, um auf die berüchtigtste schwule Sexparty des Berghains zu kommen
  • Was ich beim Kühekuschel-Seminar über Nähe gelernt hab
  • Wir haben den Nachfolger von ‚Fifty Shades of Grey‘ gelesen, damit ihr es nicht tun müsst

 

 

Oh Mann, du hast Recht… wir SIND ein beschissenes Magazin.

Schon okay. Dafür hab ich euch ja auch kein echtes Interview gegeben.

 

Danke, Mann.

Bitte

 

 

VICE